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Leichter Rückgang der festgestellten Behandlungsfehler

Bundesweit wurden im Jahr 2023 in 12.438 Fällen Behandlungsfehlervorwürfe durch die gesetzlichen Krankenkassen geltend gemacht. Die Begutachtung dieser Fälle durch die Medizinischen Dienste ergab fehlerhafte Behandlungen in 3.595 Fällen (28,9 %). Hiervon trat in 3.160 Fällen ein Schaden für den Versicherten auf, mithin in 25,4 % der geltend gemachten Behandlungsfehler. Von den festgestellten Schadensfällen konnte bei 2.679 Patienten (84,8 %) die erforderliche Kausalität zur fehlerhaften Behandlung nachgewiesen werden.

Sogenannte grobe Behandlungsfehler, damit sind Behandlungsverläufe gemeint, die aus Sicht der Fachleute nicht nachvollziehbar sind und gegen elementare Grundsätze des Fachgebietes verstoßen, machen bundesweit 5,6 % und somit 151 Fälle der festgestellten Behandlungsfehler aus.

Ein typisches Beispiel für einen Behandlungsfehler ist der Fall einer 83 Jahre alten Patientin: Sie beklagte seit drei Wochen eine bestehende Schwäche in den Beinen, die ihr beim Radfahren aufgefallen war. Daneben bestanden leichte Kopfschmerzen, Nachtschweiß und zeitweise Schüttelfrost, der verminderte Appetit hatte zu einer Gewichtsreduktion von 6 kg in drei Wochen geführt. Die Patientin wurde mit den typischen Beschwerden einer sogenannten Polymyalgia rheumatica und Riesenzellarteriitis stationär aufgenommen. Die Behandlung fokussierte sich stattdessen zunächst auf einen Harnwegsinfekt. Da die weiteren erforderlichen Untersuchungen  nicht rechtzeitig durchgeführt worden waren und somit die adäquate und erforderliche medikamentöse Behandlung nicht entsprechend frühzeitig begonnen wurde, kam es infolge dessen zu einer Erblindung erst des rechten Auges und einige Tage später des linken Auges. Somit war die Patientin von einer aktiven Radfahrerin zu einer erblindeten Seniorin geworden, was hätte vermieden werden können, wenn rechtzeitig die erforderliche Diagnostik und Behandlung durchgeführt worden wäre.

 

Behandlungsfehlerprüfung im MD Nord

Im MD Nord wurden 3.007 Fälle wegen vermeintlicher Behandlungsfehler vorgelegt. Nach primärer medizinischer Vorprüfung erfolgte eine Begutachtung in 787 Fällen, die 200 bestätigte Behandlungsfehler ergab.

Leicht geringere Fehlerquote bei etwas weniger Verdachtsfällen.

Die 200 Behandlungsfehler, die 2023 per Gutachten bestätigt werden konnten (zum Vergleich: 224 Behandlungsfehler im Jahr 2022), entsprechen 25,4 % aller begutachteten Vorwürfe. Das ist etwas weniger als in den Vorjahren mit 26,4 % im Jahr 2022 und 29,0 % im Jahr 2021 und leicht unter dem aktuellen bundesweiten Wert.

Pflegefehler weiterhin auf Platz 1

Die Pflegefehler lagen mit 25,5 % im vergangenen Jahr (36,3 % im Jahr 2022) vor der Gruppe der Behandlungsfehler aus der Orthopädie und Unfallchirurgie. Diese hatten zuvor über Jahre die Statistik angeführt. 2023 lagen sie erstmals mit 19 % aller Fälle wieder auf Platz 2, gefolgt von der Zahnmedizin mit 9,3 % (8,5 % im Jahr 2022) und der Frauenheilkunde mit 5,9 % (6,3 % im Jahr 2022) auf Platz 3 und 4.  

Die Behandlungsfehlerquote der vom Medizinischen Dienste Nord begutachteten Fälle kommt wie folgt zustande:

Gutachterinnen und Gutachter prüfen zuerst, ob ein erhobener Verdacht auch aus medizinischer Sicht stichhaltig ist, bevor ein Fall ausführlich begutachtet wird. So wurden durch die Gutachterinnen und Gutachter aus den 3007 Verdachtsfällen (2642 im Jahr 2022), die Versicherte im abgelaufenen Jahr über ihre Krankenkasse gemeldet hatten, 787 (850 im Jahr 2022) Behandlungsfehlervorwürfe zur Begutachtung herausgefiltert.

„Diese Zahlen zeigen erneut, wie wichtig es ist, dass gesetzlich Krankenversicherte das Recht auf eine unabhängige und für sie kostenfreie Prüfung vermuteter Behandlungs- und Pflegefehler durch den Medizinischen Dienst haben. Sie zeigen aber auch, dass längst nicht alle Beschwerden oder Probleme im Nachgang einer medizinischen Behandlung eine fehlerhafte Versorgung bedeuten“ betont die Fachbereichsleiterin Dr. Zellmer-Stoll.

Wie Behandlungsfehler geprüft werden:

Für die Feststellung eines Behandlungsfehlers prüfen die Gutachterinnen und Gutachter in jedem Einzelfall, ob die Behandlung nach „anerkanntem medizinischen Standard“ ausgeführt worden ist. Nur wenn die Behandlung nicht gemäß dem Standard erfolgte, haben die Versicherten eine Chance, dass Schadensersatzforderungen anerkannt werden.

Die fachlich unabhängig erstellten Gutachten des Medizinischen Dienstes stehen den Kranken- und Pflegekassen und den Versicherten zur Verfügung. Die Erf ahrung zeigt, dass sich in der überwiegenden Zahl aller positiv votierten Fälle die Behandler und deren Haftpflichtversicherer anschließend mit den Versicherten und den Krankenkassen außergerichtlich einigen und einen Vergleich anstreben. Die Grundlage dafür ist das Gutachten des Medizinischen Dienstes.

 

Hinweise für Versicherte, die einen Behandlungsfehler vermuten:

Versicherte können sich nach § 66 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) bei ihrer Krankenkasse melden, wenn sie einen Behandlungsfehler vermuten. Die Krankenkassen sollen den gesetzlichen Bestimmungen folgend die Versicherten bei der Prüfung unterstützen.

Wichtig für die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes ist, dass vom Patienten bestimmte Unterlagen vorgelegt werden. Dazu gehört ein Gedächtnisprotokoll, also eine Art Tagebuch über den Behandlungsverlauf: Patientinnen und Patienten sollten beschreiben, was, wann, wo passiert ist und von welchen Maßnahmen sie glauben, dass sie die Ursache für einen vermuteten (behandlungsfehlerbedingten) Gesundheitsschaden sein können. Außerdem sind – soweit schon vorhanden – Kopien von ärztlichen, zahnärztlichen bzw. pflegefachlichen Unterlagen hilfreich, die den Behandlungsverlauf wiedergeben. Hierzu zählen z. B. Arztbriefe und Entlassungsberichte, die in der Regel der Hausarzt erhalten hat. Reichen die vorgelegten medizinischen Informationen nicht aus, werden in einer ersten sichtenden Stellungnahme Hinweise zu den für die medizinische Beurteilung noch notwendigen Unterlagen gegeben. Das alles brauchen die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes für eine sorgfältige sachgerechte Prüfung.

>>Pressemitteilung als pdf

 

Pressekontakt: Dr. Silke Zellmer-Stoll

Tel.: 040 - 251692116

Email: Silke.zellmer-stoll(at)md-nord.de


 

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